10 Dezember 1932


SAMSTAG, 10. DEZEMBER


Schach oder Matt?
Gregor Strassers Rebellion
Vossische Zeitung


Die Beurlaubung des Reichsorganisationsleiters Gregor Strasser wird von allen Feinden Deutschlands dazu benutzt, die Hoffnung zu nähren, dass der Nationalsozialismus durch Spaltung sich selbst vernichten könnte. Die Feinde Deutschlands hoffen vergebens!
Alle geloben Treue zu Adolf Hitler


Der Angriff


»Es ist Winter«, schreibt der Dichter und der Lektor des S. Fischer Verlags Oskar Loerke in sein Tagebuch. »Trübe draußen, die Kiefern wirken silhouettenhaft. Der Boden ist gefroren. Die letzten Chrysan themen-Blüten hängen noch farbig an den Stengeln.«


Chefbesprechung beim Reichskanzler. Schleicher braucht schnelle Erfolge im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit. Günther Gereke, der neue Reichskommissar für Arbeit, muss bald etwas vorweisen.
Ein Ausschuss aus Kabinettsmitgliedern soll zu diesem Thema gebildet werden. Ebenso ein Ausschuss zum brisanten Thema der Osthilfe und ländlichen Siedlung. Die Frage, wie im Osten Preußens den notleidenden Landwirten geholfen werden kann, ist heikel. In dieser Region sind die preußischen Junker zu Hause, die Großgrundbesitzer. Politische Schwergewichte. Freunde Hindenburgs. Auch der Reichspräsident hat dort ein altes Gut, ein Geschenk von Industriellen und Junkern. Der Reichskanzler selbst will den Vorsitz der Ausschüsse innehaben. Aber diese Sitzung muss er früher verlassen.


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DER PLAN


Gereke, sagt er noch, seien Sie bitte künftig bei allen Kabinettssit Gereke ist kein Minister. Aber Gereke ist der Mann, der Schleicher Zungen dabei!
helfen könnte, das Gift aus Deutschland zu ziehen. Der Wedding ist der klassische Arbeiterbezirk Berlins, hier wohnen nicht selten SA-Männer und Rotfrontkämpfer Tür an Tür, hier schos-sen am 1. Mai 1929 die Polizisten der sozialdemokratischen Regierung Preußens auf demonstrierende Arbeiter, fünfzehn Menschen starben damals auf der Straße. Der »Blutmai«, Er ist noch in den Köpfen, steckt
noch allen im Mark. ~(2022)
die groIn der Köslinerstraße fällt Abraham Plotkin auf, wie eng Ben Wohnblöcke zusammenstehen, so eng, dass in die schmalen Höfe kaum Licht fällt. 
Im Haus Nummer 2 umringt ihn ein Schwarm Kinder.» Wie viele
Menschen leben hier? «fragt er den Hausmeister. »
«80 Menschen wohnen hier.»
«Wie viele von denen haben Arbeit?»
«Fünf Menschen haben Arbeit.«
Ein Mann von der Gemeinschaftsküche führt ihn, Hans heißt er. Er ist zwanzig Jahre alt, sieht aus wie amerikanische junge Männer, nur trauriger und weiser, findet Plotkin. Durch den dunklen Gang folgen
sie dem Schein eines Feuerzeugs. Eine Ratte spritzt zur Seite. Ein Klopfen an der Tür. Eine Frau öffnet, erkennt Hans. Es ist zwei Uhr nachmittags, aber im Hausflur ist es dunkel wie in tiefster Nacht. Frau Schoner bittet sie herein. Ihre Tochter kommt herbei, macht einen Knicks. Elf Jahre ist sie alt.
   «Die Ratten ertragen wir kaum mehr«, erzählt Frau Schoner. » Fressen uns das bisschen Essen, das wir haben, weg.» Ihr Mann versucht gerade, den Hausmeister zu finden. Plotkin sieht die Feuchtigkeit an den Wänden, in ihm steigt überwältigende Übelkeit auf. Es riecht in der Wohnung intensiv nach warmem Urin.
Die Familie ist zu viert und zahlt 23 Mark Miete für zwei Zimmer. Von der Wohlfahrt erhalten sie 60 Mark im Monat. Zu essen gibt


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SAMSTAG, 10. DEZEMBER


es meistens Kohlsuppe. Manchmal Kartoffeln mit Hering. Sonntags kommt Fleisch auf den Tisch, ein Pfund für vier Leute. Selten gibt es Milch. Natürlich, die Kinder bräuchten Milch, aber es gibt keine.
Der Gast aus Amerika und sein Begleiter verlassen das Haus, als es nicht mehr geht. Was stinkt hier nur so erbärmlich?, fragt sich Plotkin. Sie gehen weiter nach hinten, in den hinteren Teil des Wohnblocks. Da stehen sie in einem Hof vor zwei Gruben mit Kuhdung. Männer mit Mistgabeln beladen einen Wagen mit dampfendem Mist. Aus dem Stall dahinter dringt das Scharren der Hufe.
Sie steigen höher im Treppenhaus. Die Gehrings. Darüber wohnen Frau Fuchalt und ihre sieben Kinder-fünf Jungs, zwei Mädchen. Ihr Mann ist Hüttenarbeiter, aber seit vier Jahren hat er keine Arbeit. Als sie die Köslinerstraße verlassen, sagt Hans: »Es gibt andere Orte hier in Berlin, da ist es schlimmer.»
Joseph Goebbels beschäftigt sich mal wieder mit einem leidigen Thema, den Finanzen seines Gaus. »Wir müssen ganz rigorose Sparmaßnahmen und Zwangsverwaltung einführen«, vertraut er seinem
Tagebuch an.
Die Lobbyisten kommen von allen Seiten. Ein Brief des »Gewerkschaftsrings Deutscher Arbeiter-, Angestellten- und Beamtenverbände« trifft bei Schleicher ein.
Als vordringlichste Aufgaben sieht man: weitere energische Maßnahmen gegen die Arbeitslosigkeit, ausreichende Hilfe für die Opfer der bisherigen Wirtschaftskrise, das Unterbinden jeder weiteren Ein-
kommenskürzung für die Arbeitnehmer, eine gerechte Steuerpolitik, eine Handelspolitik, die eine Belebung der Wirtschaft und des Arbeitsmarktes fördert.
Man wird auf diesen Brief in der Reichskanzlei ausweichend und freundlich antworten. Was man halt so schreibt. Es ist ein ständiger Abwehrkampf. Befreiungsschläge aller Art. Aber irgendwann muss sich schon was ändern. Irgendwann muss es doch einem deutschen Reichskanzler möglich sein, Luft zu hol en.


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DER PLAN


NS-Auslandspressechef Ernst Hanfstaengl erzählt im Hotel Kaiserhof von einem Dr. Martin, der Strasser gestern aufgesucht habe. Strasser, ruhig und resigniert, habe angeblich folgende Worte gefunden: »Dr. Martin, ich bin ein Mann, der vom Tod gezeichnet ist. Wir werden uns für eine lange Zeit nicht mehr sehen können und in Ihrem eigenen Interesse schlage ich Ihnen vor, dass Sie nicht mehr herkommen. Was immer passiert, merken Sie sich das: Von jetzt an ist Deutschland in den Händen eines Österreichers, der ein genialer Lügner ist, eines früheren Offiziers, der ein Perverser ist, und eines Klumpfußes. Der letzte ist der schlimmste von allen. Er ist der Satan in Menschengestalt.
« Der »Perverse«, damit ist SA-Chef Ernst Röhm gemeint, früherer Hauptmann, dessen Homosexualität schon lange kein Geheimnis mehr ist. Und der Klumpfuß ist Goebbels: Strassers alter Rivale im
Kampf um Hitlers Gunst.


Bella Fromm hat sich im rechten Lager unbeliebt gemacht. Die Nationalsozialisten verachten sie sowieso, weil sie jüdische Vorfahren hat. Aber nun sind auch die Herren aus der Stahlhelm-Führung schlecht auf sie zu sprechen. Bei einer Gesellschaft, die der ungarische Gesandte gibt, kanzelt Theodor Duesterberg sie ab, der stellvertretende Führer des reaktionären Kampfbundes. »Sie sind zu links eingestellt «herrscht er sie an.» Ich will nicht, dass mein Name in Ihrer Zeitung steht.«
Bella Fromm neigt den Kopf, lässt es über sich ergehen. Dann erwidert sie: »Ich hoffe, dass der Stahlhelm zur Besinnung kommt, ehe eszu spät ist.»
Duesterberg, übrigens, gilt als glühender Antisemit.


Im Reichswehrministerium ist man weiterhin festen Willens, die Lehren aus dem verheerenden Ergebnis des »Planspiels» vom Ende November zu ziehen.
Von Bredow schreibt an Schleicher:» Es sind noch einige Fragen über Ausnahmezustand im Hause, innerhalb der Reichswehr und innerhalb der Zivilressorts zu klären.» Er fügt ein Schreiben bei das ar


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Heute ist es..?

Aloise Ehemann von Eva Braun
Bernd Ehemann von Bea von Orange
 

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It's where they extort the Vatican by Political government extortion for economic bribery, unseen oppression against their own unknown citizens and protecting their self-interest, their fraudulent capitalism activity on a scale never seen before; ´Barbary cannibalistic animal misbehavior´.

All rights reserved not to António Guterres, but to the bribery unseen Barbarian Design of those Nations, that have made it possible that even the Security Council of the United Nations is accused of mass extinction, estimated 50 million dead innocent people. Secretary-General Guterres of the United Nations since 2017, came after Ban Ki-moon, and before him? Who was corrupted the office of the highest rang, on our most valuable assets, that we have build after World War II?

End of the log,

The Bonka Brown Coffee,
The Annan Dark Roasted.

Per Dòminum nostrum

431 Flectámus Génua Deus, qui mirabiliter creasti hóminem, et mirabilus redemísti; da nobis, quæsumus, contra oblectaménta peccáti, mentis rátione persístere; ut mereàmur ad ætérna gáudia perveníre. Per Dòminum nostrum J.C. Filium tuum.

Bounty Decoded

The act of separating the pure from the impure part of any thing (1:22). [150] Luth. Lib. de Captivated Babylon. [151] Calv. Inst. L. 3. C. 19. Sect. 14.